Aufstände in China
Auf Spiegel-Online wird berichtet das es in China gleich in mehreren Landesteilen zu heftigen Aufständen gekommen ist

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Soziale Unruhen
Proteststurm lässt Chinas Mächtige zittern

Aufstände in der Mongolei, gewaltsame Demos im Süden des Landes: In der Volksrepublik China brodelt es, viele Bürger wehren sich gegen Willkür oder steigende Preise. Das Regime in Peking antwortet mit Gewalt - es fürchtet Proteste nach arabischem Vorbild.

Wang Lianmei ist 20 Jahre alt, Straßenhändlerin und seit vergangenem Freitag der Auslöser für massive Proteste in der südostchinesischen Stadt Zengcheng.

Was war geschehen? Die offizielle Version geht so: Polizeibeamte hatten versucht, den illegalen Verkaufsstand der schwangeren Frau zu räumen. Dabei sei sie "zu Boden" gefallen", schreibt die staatlich kontrollierte Tageszeitung "China Daily". Danach hätten rund hundert Personen die Polizei mit Flaschen und Steinen attackiert und den Einsatz von Rettungskräften mutwillig behindert.

Anders liest sich die Variante von Augenzeugen: Die Einheiten des Regimes in Peking hätten Wang Lianmei brutal zu Boden geworfen. Ihr Ehemann, der 28-jährige Tang Xuecai, sei bei der folgenden Auseinandersetzung getötet worden. Danach eskalierte die Situation weiter. Eine aufgebrachte Menschenmenge, darunter viele Wanderarbeiter, lieferte sich Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Autos brannten, Polizeistationen wurden angegriffen. Unbestätigten Berichten zufolge nahmen zeitweise bis zu 10.000 Personen an den Protesten teil.

Die Antwort aus Peking kam prompt, und sie fiel heftig aus. Augenzeugen berichten von bewaffneten Militärpatrouillen und Straßensperren in der 800.000 Einwohner zählenden Industriestadt. Dutzende vermeintliche Aufrührer wurden festgenommen. Laut der Nachrichtenagentur AP sind lokale Unternehmen angewiesen, ihre Angestellten von Protesten fernzuhalten. Die Einschüchterungstaktik funktioniert: Lokale und Läden schließen früh, nach Einbruch der Dunkelheit sind die Straßen wie leergefegt.

Zwischenfälle aus vielen Teilen Chinas gemeldet

Der Gewaltausbruch in der Provinz Guangdong, vor allem aber die harte Reaktion aus der Hauptstadt legen nah: Es braut sich etwas zusammen im Riesen-Reich. Zwar haben öffentliche politische Meinungsäußerungen und gewaltsamer Widerstand gegen das Regime in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen - die Ereignisse der vergangenen Wochen könnten jedoch eine neue Stufe der Eskalation markieren. Und das im ganzen Land.

Beispiel Innere Mongolei: Seit Jahren regt sich Protest gegen die Ausbeutung der Kohlevorkommen in dem autonomen Gebiet. Am 23. Mai wurde ein mongolischer Hirte von einem chinesischen Kohlelaster angefahren und getötet. In zahlreichen Städten kam es danach zu Demonstrationen, den größten seit mehr als 20 Jahren in der Region. Peking erklärte für weite Teile der Inneren Mongolei kurzerhand das Kriegsrecht und blockierte zentrale Plätze in der Hauptstadt Hohhot.

Beispiel Fuzhou in der südöstlichen Provinz Fujian, rund 900 Kilometer nördlich von Zengcheng: Hier sprengte sich am 26. Mai ein Mann in die Luft, dessen Land zuvor von den lokalen Behörden beansprucht worden war. Die insgesamt drei selbstgebauten Bomben detonierten vor Regierungsgebäuden und rissen zwei weitere Menschen in den Tod.

Beispiel Lichuan, im Zentrum des Landes: Am 4. Juni war in dem Ort ein Lokalpolitiker im Polizeigewahrsam ums Leben gekommen. Der Tod von Ran Jianxin löste Massenproteste aus, bis zu 20.000 Menschen sollen sich an den Demonstrationen beteiligt haben. Auch hier schickte Peking schwerbewaffnete Sicherheitskräfte, erst nach Tagen war die Lage unter Kontrolle.

Drei verschiedene Ereignisse mit verschiedenen Auslösern und auch geografisch klar getrennt - doch die Nervosität in Peking wächst. Denn eines haben alle Vorfälle gemein. Auch wenn sie in teils entlegenen Teilen des Landes passierten, spielten sie sich in Städten ab. Nicht mehr Bauern in der Provinz wehren sich vergeblich gegen Vertreibung oder Enteignung, sondern in der besser vernetzten urbanen Bevölkerung wächst der Unmut. So war etwa in der Mongolei der Tod eines Hirten der Auslöser für Proteste, auf die Straße gingen jedoch in großer Zahl Studenten in der Hauptstadt.

Schon im Februar hatte Zhou Yongkang, Sekretär der Zentralkomitee-Kommission für Politik und Recht - und damit einer der obersten Ordnungshüter im Land - gefordert, das "soziale Management" im Land zu verbessern. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als eine staatliche Kontrolle von Kommunikationswegen im Land, allen voran dem Internet. Zhous Forderung überschnitt sich mit den Umwälzungen in der arabischen Welt. In Tunesien und Ägypten hatte sich der Protest gegen die Regime vor allem über Online-Netzwerke organisiert. Und auch in einigen chinesischen Städten hatten Regimegegner zu einer Jasmin-Revolution aufgerufen. Gegen den massiven Einsatz der Staatsgewalt blieben sie jedoch chancenlos, zahlreiche Aktivisten wanderten hinter Gitter.

Inflation macht Chinesen zu schaffen

Dass es im Land brodelt, liegt nicht zuletzt an der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung. Allen Boom-Meldungen zum Trotz plagen eine hohe Inflation und damit steigende Lebenshaltungskosten große Teile der Bevölkerung. Die Verbraucherpreise sind im Mai um 5,5 Prozent gestiegen. Wie das Statistikamt am Dienstag in Peking berichtete, ist das die höchste Rate seit 34 Monaten. Die Regierung strebt eigentlich vier Prozent Inflation an.

Besonders Lebensmittel werden schnell teurer. Den Zahlen zufolge stiegen die Kosten für Nahrungsmittel um 11,7 Prozent. Dafür wurden unter anderem Dürre und andere Naturkatastrophen sowie eine steigende Nachfrage verantwortlich gemacht.

Auch in den arabischen Ländern hatten unter anderem steigende Ausgaben für Nahrung und Energie den Zorn der Demonstranten befeuert. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben erst in der vergangenen Woche die Preise für rund 400 Produkte per Gesetz gesenkt. Supermärkte müssen ab dem 1. Juli Brot, Softdrinks, Süßigkeiten, Fleisch und Gemüse deutlich billiger anbieten.

Was in den so reichen wie bevölkerungsarmen Emiraten funktioniert, scheint für ein Land wie China nur schwer umsetzbar. Und so wird in der chinesischen Regierung die Angst vor dem arabischen Virus wieder wach.

Zumindest in den staatlichen Medien bemüht sich Peking um einen möglichst vorteilhaften Spin der jüngsten Protestaktionen. Kurz nach dem Zwischenfall, so berichtet die Zeitung "China Daily", habe ein hoher Vertreter der Lokalregierung die verletzte Wang Lianmei im Krankenhaus besucht - laut dem Blatt hatte er einen dekorativen Früchtekorb dabei.

Quelle Spiegel.de

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Daumen hoch 
Die Unterschiede zwischen den ruralen Regionen und dem küstennahen Industriegürtel in China sind unvorstellbar groß. Kein Wunder, dass es da brodelt. Und trotz aller brutalen Maßnahmen der Zentralregierung lassen sich viele Menschen in China nicht mehr für dumm verkaufen und unterdrücken. Das ist zwar immer noch eine Minderheit, aber die Zahl der Unzufriedenen wächst ständig.

Danke für die Info, 187!

Gruß
Pikashu, der für China weiter auf den arabischen Virus hofft ...
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