25.07.2009, 10:07
Das Thema ist zwar nicht neu - es wird nur leider mal wieder die nächste Stufe gezündet!
Der gewählte Weg über SWIFT ist auf jeden Fall verdammt clever.
Quelle: Spiegel-online
Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,638159,00.html
Der gewählte Weg über SWIFT ist auf jeden Fall verdammt clever.

Zitat:EU erlaubt US-Fahndern Konto-Spionage
Von Hans-Jürgen Schlamp, Brüssel
Brüssel weitet den Aktionsraum von US-Terrorfahndern massiv aus: Im Blitzverfahren soll Washington der Zugriff auf hoch sensible Bankdaten in der EU erlaubt werden. Jeder europäische Bürger kann damit ins Visier amerikanischer Schnüffler geraten.
Es ist eine Aktion, die bei manch europäischem Bürger für Irritationen sorgen dürfte: Nach Angaben von EU-Diplomaten will Brüssel US-Ermittlern erlauben, europäische Bankverbindungsdaten zu durchsuchen. Die EU-Außenminister wollen am Montag in Brüssel ohne weitere Diskussion ein Mandat zum zügigen Abschluss des Abkommens mit Washington beschließen.
Bei den Plänen geht es um Bankverbindungsdaten, die der Finanzdienstleister Swift mit Hauptsitz in Belgien verwaltet. Swift wickelt nach eigenen Angaben täglich rund 15 Millionen Transaktionen weltweit ab, darunter auch Standardüberweisungen in der EU.
Jeder europäische Bürger kann durch den Entscheid ins Visier der US-Fahnder geraten. Als Gegenleistung erhofft sich die EU Hinweise für die eigene Terrorfahndung.
Die Bundesregierung machte dem Vernehmen nach in Brüssel Druck, den Datenschutz der Bürger zu achten. So sehe das Verhandlungsmandat mit den USA nun vor, dass Betroffene ein Klagerecht erhalten sollen, teilten Diplomaten mit. Inwiefern dieser Rechtsschutz gewährleistet werden kann, ist jedoch offen. Denn in der Regel erfahren die Bürger erst gar nicht vom Zugriff auf ihre Daten. Im Europaparlament stoßen die Pläne deshalb auf scharfe Kritik.
Die Bankdaten-Durchsuchungen wurden in den Wochen nach den Terrorattacken auf die New Yorker Twin Towers am 11. September 2001 eingeführt. CIA- und FBI-Fahnder hatten seinerzeit entdeckt, dass etwa 130.000 Dollar aus Europa und dem Mittleren Osten zur Finanzierung der Anschläge auf Bankkonten in Florida transferiert worden waren. Hätte man das gewusst, so die These der Agenten, hätte man womöglich die Terroristen rechtzeitig entlarven und verhaften können.
Sicherheitsdienste und Politiker waren sich schnell einig, dass es nötig sei, fortan alle Informationen darüber, wer wem Geld überweist, zu durchsuchen - am Besten weltweit.
Das technische Verfahren dazu entwarf ein Banker der Wall Street. Er machte den Vorschlag, die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, abgekürzt Swift, dafür zu instrumentalisieren. Das Brüsseler Konsortium wickelt den Zahlungsverkehr zwischen fast 8000 Finanzinstituten in über 200 Ländern ab. Sämtliche Geldüberweisungen, ob zwischen großen Konzernen oder unter Privatleuten, werden technisch von zwei Großcomputer-Systemen ausgeführt. Eine Anlage steht in den Niederlanden, eine in den USA.
Die Sicherheitsleute setzten Swift-Amerika massiv unter Druck. Mit Erfolg: Die US-Behörden durften bald den kompletten Zahlungsverkehr ausspionieren. Weder die Banken noch deren Kunden erfuhren davon.
Was als dringende, zeitlich befristete Maßnahme begann, entwickelte sich bald zur Normalpraxis. Zwar gab es weder in den USA noch für die Kontrolle asiatischer oder europäischer Bankkonten eine tragfähige Rechtsgrundlage. Aber das störte die Bush-Administration in Washington wenig. Swift sei schließlich keine Bank, sondern ein Informationsaustauschdienst, hieß es zur internen Beruhigung. Das Bankgeheimnis breche man also nicht.
Im Sommer 2006 dann enthüllte die "New York Times" die CIA-Kontenzugriffe. Vergebens hatte Washington zuvor mit politischem Lobbying versucht, die Enthüllung der Konto-Spionage zu verhindern. Die Kontenkontrollen seien "eines der wichtigsten Werkzeuge im Kampf gegen den Terrorismus", argumentierte eine Sprecherin des Präsidenten. Erfolglos.
Die "New York Times"-Geschichte erzürnte in Europa die Datenschützer. Die meisten Regierungen fanden indes wenig Anstößiges daran, dass die Finanzen ihrer Bürger heimlich observiert wurden. Rasch legalisierte man das Illegale: Im Juni 2007 versprachen die amerikanischen Behörden, ihre Spähattacken künftig datenschutzfreundlich auszuführen und zudem von einem EU-Emissär beobachten zu lassen.
Im Gegenzug gaben die Europäer ihr Okay zum Abchecken der Geldflüsse nicht nur zwischen Europa und dem Rest der Welt, sondern auch innerhalb der EU-Länder. Das Thema war damit schnell vom Tisch.
Nun bringt Swift es selbst wieder auf die politische Agenda. Im Herbst soll das bislang in den USA plazierte Rechen-Werk in die Schweiz umziehen. Es rutscht damit aus der amerikanischen Rechtssphäre heraus, was ein neues Übereinkommen nötig macht.
Europa hat die USA wissen lassen, dass durch die Umstellung keine "gefährliche Sicherheitslücke" im Antiterrorkampf entstehen werde. Ganz schnell werde man jetzt ein Zwischenabkommen schließen, um im nächsten Jahr dann Endgültiges zu vereinbaren.
Das Zwei-Schritt-Verfahren hat mit dem Europäischen Parlament zu tun. Sollte nämlich der Lissabonner Reformvertrag Ende 2009 in Kraft treten, dann dürfen die Euro-Abgeordneten viele Dinge mitentscheiden, die heute noch außerhalb ihrer Kompetenz liegen. Die US-Überwachung von Swift gehört dazu. Deshalb bat das Parlament um Aufschub der Entscheidung. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat das sogleich zugesagt. Schließlich will er von den Abgeordneten demnächst für weitere fünf Amtsjahre gewählt werden.
Doch das Thema, das die Brüsseler Vertreter der 27 EU-Länder abnicken, könnte jetzt noch einmal brisant werden. Einige EU-Parlamentarier haben angekündigt, das gesamte Überwachungssystem in Frage zu stellen. Sie beanstanden mangelnden Datenschutz. Die Sozialdemokratin Birgit Sippel zweifelt die Bedeutung der Kontodurchsuchungen für die Terrorbekämpfung an. Sippel befürchtet zudem Missbrauch - und ist damit nicht allein. Schon 2006 hatte ein amerikanischer Anti-Terror-Spezialist gegenüber der "New York Times" vor Machtmissbrauch gewarnt.
Quelle: Spiegel-online
Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,638159,00.html
Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen.
(Franz Kafka)
(Franz Kafka)