Sex am Straßenrand – Fiskus rückt an
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HAZ vom 18.06.2011 schrieb:Sex am Straßenrand – Fiskus rückt an

Verwaltungsgericht Lüneburg entscheidet: Für Lovemobile wird Vergnügungssteuer fällig


Von Klaus Wallbaum

Hannover/Soltau. Prostituierte, die in sogenannten Lovemobilen entlang stark befahrenen Straßen ihre Dienste anbieten, werden künftig womöglich stärker zur Kasse gebeten. In einem Rechtsstreit hat die Stadt Soltau jetzt einen Sieg gegen den Inhaber mehrerer solcher Wohnmobile erwirkt; die Kommune darf Vergnügungssteuer verlangen. Das heißt in Soltau, dass für jeden der Sexdienstwagen am Tag fünf Euro fällig werden. Noch ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg nicht rechtskräftig, der Vermieter kann die nächste Instanz anrufen. Aber das Gericht hat dessen Argumentation nicht anerkannt. Er hatte beteuert, keine sexuellen Dienste gegen Entgelt anzubieten, sondern lediglich Wohnmobile an den Autobahnauffahrten Soltau-Ost und Soltau-Süd zu vermieten – ohne einen bestimmten Zweck damit zu verfolgen. Die Gegenseite, vertreten durch den hannoverschen Anwalt Eckhard David, schaute aber intensiv in die Mietverträge und fand dort den Passus einer Tagesmiete und Pauschale für die tägliche Grundreinigung – eindeutige Indizien dafür, dass die Wohnwagen für eine bestimmte Art von Kundenverkehr genutzt werden.

Allerdings ist die Vergnügungssteuer in diesem Fall für Juristen besonders knifflig. Zwar heißt es im Kommentar zu dem hier zugrunde liegenden Kommunalabgabengesetz: „Gegenstand der Vergnügungssteuer können Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen.“ Was genau besteuert wird, liegt im Ermessen der Kommune. Es dürfe nur nicht übermäßig viel Geld abverlangt werden, die Steuer dürfe keine „Erdrosselungswirkung“ haben. Normalerweise müsste jetzt aber derjenige, der sich vergnügt, die Abgabe entrichten. Da aber die Stadt Soltau nicht vorhat, an der Tür der Lovemobile Kontrolleure zu platzieren, die von jedem Freier die Steuer kassieren, entschied man sich für einen Umweg. Nicht den Freiern und den Prostituierten wird die Abgabe abverlangt, sondern dem Vermieter. Auch wird nicht der tatsächliche Umsatz der Prostituierten ermittelt, sondern ein Pauschalbetrag, der je Wohnwagen erhoben wird. „Mit der Anzahl der Wohnmobile steigen typischerweise auch die Einnahmen, weil mehr Gäste kommen und mehr Dienstleistungen angeboten werden können“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Der Vermieter hatte es anders gesehen und sein Eigentumsrecht wie auch die Freiheit der Berufsausübung eingeschränkt gesehen. Auch gegen die Pauschalbesteuerung hatte er protestiert – weil der Betrieb in den Wohnmobilen unterschiedlich stark sein könne. Erfahrungsberichte besagen, dass im Sommer dort mehr los ist als im Winter.

Schätzungen über die Zahl dieser Love­mobile gibt es nicht, sie häufen sich an stark befahrenen Bundesstraßen, oft auch nahe der Autobahnauffahrten. In den vergangenen Jahren wurde in verschiedenen Regionen ein enormer Zuwachs dieser Angebote festgestellt, etwa im Kreis Harburg. Als die Lastwagen-Maut eingeführt wurde und viele Fahrer auf Bundesstraßen ausweichen mussten, habe es mehr Lovemobile gegeben, heißt es. Auch war davon die Rede, dass die Prostituierten bis zu 100 Euro täglich für den Wohnwagen an ihren Vermieter entrichten müssen.


„Finanzbeamte sind zu nachlässig“
Hannover (kw). Die Prostitution in den Lovemobilen ist kein Gewerbe, daher kann die Kommune auch keine Gewerbesteuer kassieren. Wenn eine Stadt trotzdem steuernd eingreifen und die Sexdienste eindämmen will, hat sie im Grunde nur zwei Wege.

Sie kann erstens Vergnügungssteuer erheben, wie im Fall Soltau, und zweitens versuchen, über das Wegerecht tätig zu werden. Wenn ein Wohnmobil eine Zufahrt versperrt oder behindert, könnte die Ordnungsbehörde Auflagen verhängen. In den meisten Fällen aber sind die Liebesmobile so geschickt geparkt, dass dagegen wenig ausgerichtet werden kann. Vor vier Jahren hat der Landesrechnungshof geschätzt, dass im niedersächsischen Rotlichtgewerbe zwischen 5000 und 10.000 Menschen tätig sind. Der Bundesrechnungshof hatte zuvor die Finanzämter ermahnt, die Prostituierten (auch die in Lovemobilen) zur Zahlung von Einkommen- und Umsatzsteuer anzuhalten.

Die Finanzämter seien hier nicht rigoros genug, urteilten die Rechnungsprüfer des Bundes im Jahr 2003 und die des Landes 2007. Zu oft würden lediglich Betreiber von Großbordellen erfasst. Der Landesrechnungshof riet den Finanzbehörden, häufiger Zeitung zu lesen und Anzeigen für Liebesdienste auszuwerten – um den Anbietern Steuerbescheide zu schicken.
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(19.06.2011, 18:57)Billy schrieb:
HAZ vom 18.06.2011 schrieb:Die Prostitution in den Lovemobilen ist kein Gewerbe, daher kann die Kommune auch keine Gewerbesteuer kassieren.

Diese Aussage ist falsch. Die Prostituierten in WoMo´s üben natürlich ein Gewerbe aus - genauso wie Prostituierte in Laufhäusern oder Wohnungspuffs.

De facto wird aber keine Gewerbesteuer von den Prostituierten abgeführt werden, weil der Freibetrag i. H. v. 24.500 EUR zumeist nicht überschritten wird.
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#3
Aber Einkommensteuerpflichtig sind sie auf jeden Fall :-) und GEMA Gebühren für musik, die da im Hintergrund oft läuft und GEZ für den TV oder Laptop. Ausserdem... ach scheiß drauf :-)

Billy, schön dass Du den Artikel gepostet hast!
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